Stillstand im Nahverkehr angedroht
27.02.2013
Die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Nahverkehr wurden am Mittwoch früh durch die Vertreter der Gewerkschaft ver.di abgebrochen und eine Urabstimmung für die dauerhafte Arbeitsniederlegung angekündigt. Als Gründe wurden u.a. die nicht erfüllte Forderung einer 38 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich für alle Beschäftigten und Bonusregelungen für Gewerkschaftsmitglieder angegeben. "Mit dem mehrfach verbesserten Arbeitgeberangebot war die wirtschaftliche Schmerzgrenze auch für uns bereits überschritten", sagt Hans-Jürgen Credé, Vorstand für Betrieb und Personal der Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB). Nun könnten weitere Streiktage im Chemnitzer, Zwickauer und Dresdner Nahverkehr drohen.
Der Forderungskatalog der Gewerkschaft umfasst insgesamt 31 Punkte. Darunter eine 38-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, mehr Urlaub für Schichtarbeiter von bis zu 34 Tagen, eine Jahressonderzahlung von 1.500 Euro, im Durchschnitt die Verdopplung von Zuschlägen für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit. In Einzelfällen sogar eine Vervierfachung. Darüber hinaus zusätzliche freie Tage für Arbeit an Wochenfeiertagen sowie Bonusregelungen speziell für Gewerkschaftsmitglieder. In Summe würde das eine Mehrbelastung für die Unternehmen von rund elf Prozent der Lohnkosten bedeuten. Nach dem letztjährigen Tarifabschluss, bei dem es um die eigentliche Grundvergütung ging, mussten die sächsischen Verkehrsbetriebe bereits eine Steigerung von insgesamt 6,3 Prozent verkraften. Die jetzt aufgemachten zusätzlichen Forderungen sind nicht zu finanzieren.
Trotz einer erneuten "Marathonsitzung" am Dienstag von Vertretern der Gewerkschaft ver.di und des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Sachsen (KAV) zum Tarifvertrag für Beschäftigte im sächsischen Nahverkehr (TV-N Sachsen) konnte zwischen beiden Parteien keine Einigung erzielt werden. Obwohl das Angebot seitens des KAV mehrfach verbessert wurde, erklärten die Gewerkschaftsvertreter am Mittwochmorgen gegen 3 Uhr das Scheitern der Verhandlungen. Im Laufe der Verhandlungen hatte der KAV sein Angebot mehrfach aufgestockt. Die vor allem von der Belegschaft der DVB gewünschten Regelungen für Wochenfeiertage und auch Erhöhungen verschiedener Zuschläge wurden in das Angebot des KAV integriert. Im Fall des Dresdner Unternehmens würde es eine Mehrbelastung von rund 1,3 Millionen Euro bedeuten. Demgegenüber steht der Gesamtforderungskatalog von ver.di mit Zusatzkosten von knapp acht Millionen Euro allein für Dresden, mit nicht absehbaren Folgen für Fahrpreis, Linienangebot, Taktzeit und nicht zuletzt die Belegschaft selbst.
Kehren die ver.di Vertreter nicht an den Verhandlungstisch zurück, könnte in nächster Zeit ein dauerhafter Arbeitskampf und damit Streik im sächsischen Nahverkehr drohen. Die Dresdner Verkehrsbetriebe befördern täglich rund 400.000 Fahrgäste, davon etwa zwei Drittel in den 143 eingesetzten Straßenbahnen. Ergänzt wird die Leistung durch etwa 100 Busse im Linienverkehr. Weitere rund 50 Busse kommen von Subunternehmern, die im Auftrag der DVB unterwegs sind. Die wären im Streikfall nicht betroffen. Ob bei einem andauernden Arbeitskampf ein Notfahrplan eingeführt werden kann, muss geprüft werden. Noch hat sich die Belegschaft der DVB aber nicht für einen dauerhaften Ausstand entschieden.