Die Karosserie des ersten neuen Stadtbahnwagens für Dresden entsteht
09.12.2020
Im Beisein des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und dem Leiter der Nahverkehrssparte bei Bombardier Deutschland Dirk Wunderlich nahmen die Vorstände der Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB) Andreas Hemmersbach und Lars Seiffert heute den Rohbau der Wagenkastenteile des ersten neuen Stadtbahnwagens für Dresden ab. Im August dieses Jahres hatte Bombardier Transportation im Werk Görlitz mit dem Bau des ersten Fahrzeuges begonnen.
„Die Kollegen von Bombardier leisten eine hervorragende Arbeit, davon durfte ich mich heute persönlich überzeugen“, freut sich DVB-Vorstand Andreas Hemmersbach. Sein Kollege Lars Seiffert erweitert das Lob: „Trotz aller Schwierigkeiten durch die Pandemie kommt das für uns sehr wichtige Projekt der neuen Stadtbahnwagen gut voran. Auch dank des großen persönlichen Einsatzes der Schienenfahrzeugspezialisten von Bombardier und DVB.“ Gemeinsam mit den Projektleitern haben sie die Qualität der ersten Wagenkastenmodule geprüft und abgenommen. Insgesamt fertigt Bombardier Transportation 30 neue Straßenbahnfahrzeuge für Dresden. An der Neiße entstehen zunächst die Rohbauten der Karosserie. Der Innenausbau findet ab Februar 2021 im Bautzner Werk statt.
„Die Wagenkästen für die Dresdner Verkehrsbetriebe sind eines der ersten Straßenbahn-Projekte, das in der neu installierten Produktionslinie in Görlitz gebaut wird. Ich freue mich sehr, dass wir diesen wichtigen Meilenstein planmäßig erreicht haben und demnächst mit dem Innenausbau der neuen FLEXITY-Straßenbahn beginnen können. Mehr als 20 sächsische Unternehmen liefern den Großteil der benötigten Materialien - aus Sachsen für Sachsen“, sagt Dirk Wunderlich, verantwortlich für das Nahverkehrsgeschäft in Deutschland bei Bombardier Transportation.
Die neue Stadtbahn trägt die Typenbezeichnung NGT DX DD. Dabei steht NGT für Niederflurgelenktriebwagen, DX für Drehgestellfahrzeug mit zehn Achsen und DD für Dresden. Das Fahrzeug besteht aus fünf, mit Gelenken beweglich miteinander verbundenen Wagenkastenmodulen. Der Rohbau eines Moduls setzt sich aus dem Untergestell, den Seitenwänden und dem Dach zusammen. Die Endmodule werden noch mit den Kopfteilen komplettiert. Diese Hauptbaugruppen werden im Görlitzer Bombardier-Werk zusammengesetzt und verschweißt. Zunächst kommen die Köpfe und Seitenwände auf das Untergestell, dann folgt das Dach. Wenn alles richtig sitzt, werden die Teile miteinander verschweißt und durch Wärme gerichtet. Zusätzlich bringen die Schweißer Halterungen an, die später zum Befestigen von Kabeln, Leitungen, Haltestangen, Sitzen etc. dienen. Um sicherzustellen, dass alle Maße den Vorgaben und die Schweißnähte der notwendigen Qualität entsprechen, werden die Wagenkästen sorgfältig inspiziert und vermessen. Besonders die Schweißnähte prüfen die Monteure akribisch. Einige werden sogar mit einem Röntgengerät untersucht und von Experten bewertet.
Das Untergestell wird aus rostträgem, sogenanntem wetterfestem Stahl gefertigt. Dach und Seitenwände entstehen aus nichtrostendem Stahl. Während der Kopf und dessen Einzelteile im Görlitzer Werk geschnitten, gekantet, entgratet und zusammengeschweißt werden, entstehen die Dachteile und Seitenwände in Bautzen und werden von dort nach Görlitz geliefert.
Anlieferung im August 2021 geplant
Die erste neue Stadtbahn soll im August 2021 in Dresden eintreffen. Nach der Inbetriebnahme und diversen Probefahrten im Netz wird voraussichtlich im Dezember 2021 der Probebetrieb mit Fahrgästen starten. Ab 2022 soll alle drei Wochen ein neuer Stadtbahnwagen nach Dresden geliefert werden und nach einer kurzen Inbetriebnahmephase in den Linieneinsatz kommen. Bis Herbst 2023 sollen allen neuen Stadtbahnen an die DVB ausgeliefert sein.
Die ersten zwölf neuen Stadtbahnen werden auf der Linie 2 zwischen Kleinzschachwitz und Gorbitz eingesetzt. Sobald die Großenhainer Straße ausgebaut ist, können die folgenden elf Fahrzeuge dann auf der Linie 3 zwischen Wilder Mann und Coschütz fahren. Die beiden Linien gehören zu den nachfragestärksten im DVB-Netz. Mittelfristig besteht mit dem Einsatz auf der Linie 1 eine weitere Option für den Einsatz der neuen Wagen.
Der NGT DX DD ist mehr als 43 Meter lang und 2,65 Meter breit. Damit ist er 35 Zentimeter breiter als die bisherigen Dresdner Fahrzeuge. Im neuen Stadtbahnwagen finden bis zu 290 Passagiere Platz. Das sind 30 mehr als in unserem längsten Fahrzeug, dem NGT D12 DD. Der Wagenkasten lädt oberhalb der Bahnsteigkante aus, sodass keine Station umgebaut werden muss. Dafür benötigen die Neufahrzeuge mehr Platz zwischen den Gleisen um berührungsfrei aneinander vorbeizukommen. Beinahe 80 Prozent des DVB-Gleisnetzes sind bereits für die breiteren Bahnen vorbereitet. Für den Einsatz auf der Linie 7 müssen die DVB noch auf den Ausbau der Königsbrücker Straße sowie von Teilen der Kesselsdorfer Straße und Königsbrücker Landstraße warten. Die „7“ ist die meistgenutzte Dresdner Straßenbahnlinie.
Bürgerwünsche eingeflossen
Im Januar 2020 hatten sich rund 16.000 Besucherinnen und Besucher ein Bild vom dem 1:1-Modell der neuen Stadtbahn im Verkehrsmuseum gemacht. Dabei notierte die DVB-Marktforschung rund 2.000 Meinungen der Bürgerinnen und Bürger. Fast alle fanden die neue Bahn gut. Einige häufig geäußerte Änderungswünsche führten zu Anpassungen bei der Innenraumausstattung, zum Beispiel bei der Auswahl der Sitze.
Im August 2019 hatte die DVB den Schienenfahrzeughersteller Bombardier Transportation mit dem Bau der neuen Stadtbahnen beauftragt. Die Kosten pro Fahrzeug belaufen sich auf etwa 4,2 Millionen Euro. Das gesamte Investitionsvolumen einschließlich Herstellung, Service und langfristiger Wartung beträgt rund 197 Millionen Euro. Für den Kauf der Stadtbahnen reicht der Freistaat Sachsen 102,8 Millionen Euro Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) an die DVB aus.